Von Illumination und Illusion. Überlegungen zur Malerei von Lars Reiffers.

Malerei erscheint in einem Zeitalter wachsender Geschwindigkeit, als im Prozess der Entstehung langsames Medium, geradezu anachronistisch und obsolet. So attestiert der Medientheoretiker Paul Virilio der Gegenwart bereits 1990 einen „rasenden Stillstand“ und meint damit eine technologisch herbeigeführte, irrwitzige Beschleunigung unserer Zivilisation, die letztlich zu deren Untergang führen werde.[1] So kulturpessimistisch muss man die Postmoderne nicht sehen, zumal sie sich seit den 1990ern langsam aber sicher in eine postdigitale Ära transformiert. Und dennoch benennt Virilio einen essentiellen Aspekt, der als metamalerische Fragestellung auch der Malerei von Lars Reiffers eingeschrieben ist: Es geht um den Wandel von Sehen und Wahrnehmen. Eine „Industralisierung des Sehens“ durch den zunehmenden Konsum von „realzeitlichen radio-elektrischen Aufnahmen“ diagnostiziert Virilio. Denn ohne Zweifel beeinflusst die digitale Rezeption der analogen Wirklichkeit sowohl das Sehen, als auch unsere Wahrnehmung der Welt nachhaltig. Wie sehen wir die Welt und wie gemalte Bilder? Welche Werte sind dem Bild implizit, die dafür Sorge tragen, dass die Malerei trotz der digitalen Bilderflut bis heute nichts von ihrer Vitalität einbüßt, in den letzten Jahren zeitgenössische künstlerische Positionen sogar zunehmend in großen Museumsausstellungen zelebriert werden?[2] (…)

[1] Vgl. Paul Virilio, Rasender Stillstand, München 1992.

[2] Überblicksausstellungen zeitgenössischer Malerei finden sich in deutschen Museen seit Beginn des Jahrtausends vermehrt. So u.a. deutsche malerei zweitausenddrei (2003), Painting Forever! (2013), Painting 2.0 (2015) oder Jetzt! Junge Malerei in Deutschland (2020).

Lars Reiffers: Malerei. Herausgegeben von Dr. Gabriele Hovestadt und Lars Reiffers, mit Texten von Dr. Gabriele Hovestadt und Anne Simone Krüger. Kettler Verlag, 2020. ISBN 978-3-86206-836-4.

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